»Findest du das nicht etwas dekadent?«, fragte Zoe und warf den Autoschlüssel ihres BMWs in die Holzschale im Eingangsbereich.

Elena seufzte innerlich. Sie hatte gehofft, das Thema vom Tisch zu haben, das sie am All-you-can-eat Buffet beim Asiaten begonnen hatten.

»Vielleicht ein bisschen«, gestand sie ein und streifte den Wintermantel ab. »Aber ist das so schlimm?«

Zoe zog ebenfalls Jacke und Pullover aus und trat in die Küche.

»›Dekadenz ist der Niedergang der Gesellschaft‹, mein Schatz«, zitierte sie eine vermutlich nicht existente Quelle.

»Ich will doch nur einmal im Winter auf die Südhalbkugel. An einer dieser azurblauen Strände. Damit werd ich ja wohl nicht gleich zum apokalyptischen Reiter«, sagte Elena.

Ihre Freundin öffnete den Kühlschrank und nahm den noch ungeöffneten Sahnebecher hinaus, den sie vorige Woche gekauft hatten.

»Du hast noch Hunger?«, fragte Elena ungläubig und lehnte gegen den Türrahmen.

»Ich will kurz vorkochen für morgen«, erklärte Zoe und las das Haltbarkeitsdatum des Bechers.

Mit einem Seufzen warf sie ihn in den Abfall.

 »Es ist dieses eine Mal«, sagte Elena. »Ist ja nicht so, dass ich das jedes Jahr machen möchte.«

Zoe holte das Plastiksäckchen mit Karotten aus dem Kühlschrank und entpackte sie.

»Ist mir schon klar. Aber es sind halt diese nicht ganz so kleinen Kleinigkeiten, die den Unterschied machen.«

Sie hielt sich eine der Karotten vor die Augen und runzelte die Stirn. Das Gemüse war ziemlich krumm gebogen und hatte einige Knubbel. Mit einem genervten Grunzen schnitt sie die Knubbel ab und versuchte umständlich, die Falten und Krümmungen zu schälen.

»Du hast ja recht«, lenkte Elena ein und gab Zoe einen Kuss auf den Nacken.

»Ich will dir die Sache ja nicht madig machen«, sagte diese gönnerisch. »Vielleicht denkst du einfach darüber nach.«

»Mach ich.«

Als Elena die Küche bereits verlassen wollte, sagte Zoe: »Kannst du vielleicht die Heizung etwas aufdrehen. Ist etwas frisch hier drin.«

Als Beweis rieb sie sich die nackten Oberarme und klapperte übertrieben mit den Zähen.

Schmunzelnd drehte Elena am kleinen Rädchen neben der Tür.

»Schauen wir noch einen Film heute Abend?«

»Gern.« Elena holte ihr Smartphone heraus und öffnete die Netflix-App. »Worauf hast du Lust?«

»Irgendwas Lustiges.«

Sie scrollte durch die Kategorien. »Da ist was Neues draußen mit Adam Sandler.«

Zoe machte ein würgendes Geräusch. »Bitte nicht.«

Als sie auch nach zig weiteren Filmtiteln nicht fündig wurden, seufzte Zoe. »So was wirklich Gutes ist einfach nicht zu finden, was? Egal, such dir irgendwas aus. Bin für alles zu haben.«

Elena schaltete den Breitbildfernseher im Wohnzimmer ein, den sie sich vor zwei Monaten gemeinsam gekauft hatten. Sie startete die Playstation und öffnete Netflix. Dann scrollte sie erneut eher lustlos durch die Filme und wählte schließlich irgendwas aus.

Als Zoe zu ihr stieß, kuschelten sie sich gemeinsam unter die Wolldecke, bis es ihnen zu warm wurde und sie die Decke wieder von sich strampelten.

»Ich habe es aufgegeben mit dem Kochen«, sagte Zoe irgendwann. »Mir fehlen ein paar Zutaten.«

»Kannst du morgen nicht einkaufen gehen?«

Zoe rümpfte die Nase. »Morgen ist Samstag, da hat es zu viele Leute. Keine Chance, einen anständigen Parkplatz zu finden.«

»Das heißt, wir bestellen Pizza?«, fragte Elena lächelnd.

Zoe gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Das heißt, wir bestellen Pizza.«

Elena schmiegte sich etwas enger an ihre Freundin und atmete tief durch.

»Ich glaube, du hast recht mit der Reise«, sagte sie. »Warum verreisen, wenn es hier zu Hause eigentlich perfekt ist.«

»Sag ich doch.« Zoe fasste nach ihrer Hand und ihre Finger schlangen sich ineinander. »Und das ganz ohne Dekadenz.«