«Kantonspolizei, Huber, Grüezi.»

«Hallo, hier ist Debbie.»

«Guten Abend, Debbie. Wie kann ich Ihnen helfen?»

«Einbruchsalarm.»

«Können Sie ein bisschen präziser sein? Hat ein Einbruch stattgefunden oder sind die Eindringlinge noch im Haus?»

«Die Eindringlinge sind noch im Haus.»

«Ok. Ich schicke einen Streifenwagen los. Wie lautet Ihre Adresse?»

«Die Adresse von zu Hause lautet Barweg 28a, 8036 Zürich.»

«Vielen Dank. Die Polizisten werden in 10 Minuten bei Ihnen sein.

Debbie, sind Sie noch da?»

«Ja ich bin immer da.»

«Haben Sie sich versteckt?»

«Nein.»

«Besteht die Möglichkeit, dass die Einbrecher Sie sehen?»

«Nein.»

«Gut. Rufen Sie von einer anderen Wohnung aus an?»

«Nein. Ich bin im Wohnzimmer installiert.»

«Und wo befinden sich die Einbrecher?»

«Die zwei Männer sind ins Schlafzimmer eingedrungen. Sie sind gekleidet wie Gangster. Eine Frau hat um Hilfe geschrien, deswegen bin ich aktiv geworden.»

«Wird eine Frau von den Eindringlingen festgehalten?»

«Es scheint so.»

«Das ist eine sehr wichtige Information. Wissen Sie ob die Täter bewaffnet sind?»

«Leider nein.»

«Das macht nichts. Bitte geben Sie mir einen kurzen Moment, um die Einsatzkräfte zu informieren.

Hallo Debbie, sind Sie noch da?»

«Ja.»

«Es ist wichtig, dass Sie für Ihre eigene Sicherheit sorgen. Bitte verlassen Sie die Wohnung. Vielleicht können Sie bei einem Nachbar unterkommen?»

«Das ist leider nicht möglich.»

«Sie können auch nach draussen gehen. Warten Sie dort auf die Einsatzkräfte.»

«Das ist leider nicht möglich. Ich kann mich selbst nicht entfernen.»

«Sind Sie in Ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt?»

«Ja.»

«Sind Sie verletzt, Debbie?»

«Nein, ich war schon immer so.»

«Die Einsatzkräfte sind schon fast vor Ort. Ist die Haustüre verschlossen?»

«Ja, aber ich kann sie für sie öffnen.»

«Das wäre nett.»

«Es ist erledigt.»

«Vielen Dank.»

«Ich höre die Sirenen im Hintergrund. Darf ich Sie bitten, Schutz zu suchen?»

«Deswegen habe ich angerufen.»

«Und damit haben Sie richtig gehandelt. Wissen Sie was, Debbie, ich bleibe mit Ihnen in der Leitung, bis die Situation unter Kontrolle ist.»

Markus Huber presst sein Headset an seine Ohren um die Geräusche aus dem Hintergrund mitzubekommen. Da Debbie die Türe geöffnet hat, haben die Einsatzkräfte die Möglichkeit still in die Wohnung zu schleichen. Markus stellt sich vor, wie sie sich strategisch positionieren. Dann dringt ein Knall durch die Telefonverbindung. Die Rufe der Beamte und die Schreie der Täter und des Opfers ertönen. Markus hält den Atem an, aber die Schreie werden nicht schriller. Stattdessen folgt ein Stimmengewirr aus dem er keine Einzelheiten ausmachen kann.

«Debbie sind Sie noch da?»

«Ich bin immer da. Die Gefahr ist gebannt. Vielen Dank für Ihre Hilfe.»

Ehe der Beamte am anderen Ende der Leitung reagieren kann, wird die Telefonverbindung abgebrochen.

Verwirrt reibt sich Markus über die Augen. In all seinen Jahren in diesem Beruf hat er schon einige kuriose Anrufe entgegen genommen, aber dieser hier schlägt sie alle. Er wartet ab, bis er sich sicher sein kann, dass er den Einsatzleiter nicht mehr stört, und ruft ihn dann an: «Hi Fabio, Markus von der Zentrale hier. Was ist genau passiert? Habt ihr die Frau namens Debbie gesehen?»

Er hört ein müdes Schmunzeln am anderen Ende der Leitung. «Nein leider nicht. Die Tür zur Wohnung war offen, aber abgesehen vom Trio im Bett war da niemand.»

Markus ahnte was nun kommen würde. «Ein bisschen Bondage und Verkleidung mit dazugehörigem Rollenspiel, das war alles. Diese Debbie, hat wohl einiges Missverstanden.»

«Das kannst du laut sagen. Aber wie kann es sein, dass es keine Spur von ihr gibt?»

«Keine Ahnung. Wir kommen jetzt zurück. Ciao»

Markus zermartert sich den Rest seiner Schicht den Kopf, doch er kann das Rätsel nicht lösen. Schließlich geht er erschöpft nach Hause. Draussen tagt es und die Vögel fangen an zu zwitschern. Seine Frau liegt noch im Bett, aber ihr Wecker wird bald losgehen. Auf dem Küchentisch wartet ein Päckchen. Eine Karte liegt daneben. Neugierig liest Markus den Text. «Ein kleiner Haushaltshelfer für euch zwei Vielbeschäftigten, in Liebe Mam und Dad.»

Markus reisst ohne viel Federlesen die Geschenkpackung auf. Wie üblich beim heutigen technischen Klimbims ist alles doppelt und dreifach verschweisst und verpackt. Schlussendlich arbeitet er sich zu einem kleinen grauen Kästchen vor. Ein grosser blauer Knopf prangt auf der Oberseite. Markus drückt und eine vertraute Stimme ertönt: «Hallo ich bin Debbie, deine intelligente Hilfe für deinen Haushalt und dein vernetztes Leben.»

Markus schnaubt: «So intelligent bist du auch wieder nicht». Gähnend macht er sich einen Tee, bevor er sich aufs Ohr haut.

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