Seit ich das erste Mal den Kopf aus dem Wasser gestreckt und den Himmel über mir gesehen hatte, entsprang in mir ein Traum: Ich wollte dort hinauf wo die Wolken schweben. Als ich später in der Schule lernte, dass es dahinter noch viel mehr gab, war ich völlig baff. Begeistert nahm ich an der Nachtexkursion teil, bei der wir an die Oberfläche schwammen und die Sterne studierten. Unendlich viele Lichtpunkte funkelten am Firmament. Dies seien alles entfernte Sonnen, die ihre eigenen Planeten und Trabanten hätten, erklärte mir mein Lehrer.

Als ich schon wieder in meiner Koralle lag, um eine Muschel Schlaf zu bekommen, schwirrte mir immer noch der Kopf. Es gab so viele Welten da draussen im All, dass mir das Meer hier plötzlich klein und unbedeutend vorkam. Ich fasste einen Entschluss. Am nächsten Tag ging ich zu meinem Lehrer und eröffnete ihm, dass ich Astronaut werden wollte. Ich kann mich noch gut an sein gutmütiges Lächeln erinnern. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er mich nicht auslachte, wie es so viele aus meinem Umfeld getan hatten. Stattdessen nahm er mich zur Seite und versuchte mir zu erklären, dass man bestimmte physikalische Eigenschaften haben musste, um ins Weltall zu reisen. Die GASAA – Global Space Agency Animals – waren damals hauptsächlich Primaten. Als Astronaut müsse man flinke Hände haben und schlau sein.

Ich wandte ein, dass Fische auch clever seien, worauf mir der Lehrer zustimmte. «Wenn dich das Weltall so fasziniert, gibt es noch andere Wege, dich damit zu beschäftigen. Du kannst Astrophysik an der Universität von Atlantis studieren», schlug er mir vor.

Aus Ermangelung anderer Möglichkeiten, setzte ich mir diese Karriere zum Ziel, doch ich vergass meinen Traum vom Astronauten nie. Ich schloss das Studium erfolgreich ab und bekam eine Forschungsstelle. Naheliegenderweise konzentrierte ich mich dabei auf die Suche nach aquatischen Planeten. Meinen Durchbruch hatte ich, als ich eine Formel fand, mit der sich berechnen lässt, wie viel Wasser es auf einem Planten gibt, ohne Bilder davon zu haben.

Meine Recherche wurde in renommierten Zeitschriften publiziert. Dies machte die GASAA auf mich aufmerksam. Prompt luden sie mich für ein Referat in ihr Hauptquartier ein. Ich war ekstatisch. Noch während ich mir Sorgen darüber machte, wie ich aufs Festland kommen sollte, schickte mir die GASAA Instruktionen. Obwohl er in Uniform kam, löste der Tigerhai Panik im Riff aus, als er mich abholte. Hätte ich die Reise alleine unternommen, wäre ich wahrscheinlich fünf mal gefressen worden, doch so erreichten wir die 200 Kilometer entfernte Lagune sicher. Es stellte sich nämlich heraus, dass das Hauptquartier der GASAA halb auf Land und halb im Wasser gebaut worden war, sodass alle Tierformen zusammenkommen können. Hätte ich das mal früher gewusst!

Ich bekam eine Gästekoralle zugewiesen und durfte später am Tag an einer geführten Tour teilnehmen. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich die Welt des Trockenen erkunden, denn für die Tour wurde ich zusammen mit einem Delphin, einem Aal und einem Seepferd in einen Wassertank verfrachtet. Nachdem ich sicher war, dass ich nicht gefressen wurde, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wir besichtigten die Laborräume, das Trainingscamp der Astronauten und die Werkhalle – mein absolutes Highlight. Denn dort sah ich das erste Spaceshuttle. Ich drückte mein Maul so fest am Glas flach, dass mich alle im Tank auslachten. «Du kannst ja rausspringen und in einem mitfliegen. Versteck dich einfach in ihrem Wasservorrat!», gluckste der Delfin. Ich war dumme Sprüche gewohnt, deswegen beachtete ich ihn nicht weiter.

Am Nachmittag hielt ich meinen Vortrag, doch während ich sprach, waren meine Gedanken bei meinem Kindheitstraum. War es wirklich unmöglich für einen Fisch, ins All zu fliegen? Spontan fügte ich am Schluss meines Referates noch an, dass, wenn sie je einen mutigen Forscher für einen aquatischen Planeten bräuchten, ich der beste Kandidat dafür sei.

Ich erntete artigen Applaus und nahm von meinem Becken aus Glückwünsche und entgegen, als ein alter Orangutan auf mich zukam. «Sie sind vielleicht die Lösung für ein Problem, das ich schon lange habe.»

Da ich mich nun an Bord der Poseidon 1, 1200 Lichtjahre von der Erde entfernt befinde und gerade diesen Logbucheintrag aufnehme, wisst ihr, dass mein Traum in Erfüllung gegangen ist. Ich bin weiter gekommen als jeder Fisch es sich hätte träumen können. Doch mein grösstes Abenteuer steht noch bevor. Während dem Flug hierher hat mich die Technologie von Professor Orangutan umgemodelt, sodass ich als einziges Erdlebewesen überhaupt im Ozean von Pontus überleben kann. Ich werde dort den Lebenszeichen, die wir aufgenommen haben, nachgehen. Nach der Arbeit auf dem Land und der Zeit im Vakuum des Weltalls freue ich mich, zurück ins Wasser zu kommen. Macht’s gut. Ich melde mich wieder, wenn ich meine Forschungsstation auf Pontus installiert habe.»

Ende der Aufzeichnung.

****

Wordcount: 777

Bildquelle